Finanzkontrolle

Geschichte (75 Jahre)

  • Vorgeschichte

    Am 18. Dezember 1912 erkundigt sich der Finanzdirektor des Kantons Solothurn bei seinem Kollegen in Luzern, ob der Kanton Luzern über eine selbständige Finanzkontrolle verfüge. Die Antwort lautet NEIN. Formell kontrolliert das Finanzdepartement die Finanzen, faktisch und in erster Linie liegt die Kontrolle jedoch bei den Departementsvorstehern. Der Luzerner Finanzdirektor verweist auf ein vom Regierungsrat angenommenes Postulat: «Die Departemente werden eingeladen, Budgetüberschreitungen, welche nicht durch Beschlüsse des Grossen Rates oder des Regierungsrates veranlasst worden sind, tunlichst zu vermeiden. Von Überschreitungen im Betrage von über Fr.1,000 ist jeweils dem Regierungsrat Mitteilung zu machen.»

    1933 ermächtigt der Regierungsrat das Finanzdepartement, aus den Beamten seines Departementes zwei Revisoren zu ernennen und diese mit der Überwachung der Kassen der Staatsverwaltung, der staatlichen Anstalten, Salzfaktoreien, Statthalterämter und Amtsgerichte zu beauftragen. Am 24. Oktober 1933 werden folgende Herren zu Revisoren ernannt:

    • Hans Bucher, Bücherexperte der kantonalen Steuerverwaltung
    • Johann Helfenstein, Staatsbuchhalter
    • Jakob Lang, Gehilfe der kantonalen Steuerverwaltung

    1936 wird die Errichtung einer selbständigen Finanzkontrolle erneut zum Thema. Eine Abklärung bei allen Kantonen hinsichtlich der Organisation der Finanzkontrolle ergibt folgendes Bild:

    Besondere Kontrollorgane; staatliche Revisoren:     ZH, BE, BS, SH, AG, TG, TI, VD, NE, GE

    Kontrolle durch private Treuhandgesellschaften:       GL

    Kontrolle durch die Staatsbuchhaltung:                 LU, SO, AR, GR

    Keine organisierte Finanzkontrolle:                      UR, SZ, OW, NW, ZG, FR, BL, AI, SG, WS

    Der Staatsbuchhalter Johann Helfenstein spricht sich in einem Schreiben vom 4. September 1937 gegen einen selbständigen Kontrolleur ausserhalb der Staatsbuchhaltung aus: «Ein neuer Kontrolleur würde nicht nur ein hohes Salair, sondern wohl auch ein eigenes Bureau beanspruchen & bald müsste wohl auch noch ein Kanzlist oder gar ein Sekretär zugezogen werden. Bis der neue Kontrolleur dazu noch einigermassen eingearbeitet wäre und bis er alle Verwaltungen kenne würde, dürften Jahre vergehen. Bei der Wichtigmacherei, die diesen Herren zudem gewöhnlich noch eigen ist, würden sie die Funktionäre noch nervös machen & sie verärgern.» (Quelle: Staatsarchiv, AKT 42/1480-1492).

    Der Regierungsrat beschliesst am 6. September 1937, dass sich der Staatsbuchhalter vermehrt der Finanzkontrolle widmen soll, ohne seine bisherige Funktion aufzugeben. Er wird von bisherigen Aufgaben entlastet, indem ihm ein Adjunkt zur Seite gestellt wird. «Auf diese Weise», schreibt der Regierungsrat, «wird sich der geplante weitere und abschliessende Ausbau der Finanzkontrolle mit verhältnismässig bescheidenen Mehrkosten bewerkstelligen lassen.».

  • 1947: Dekret über die Einführung der Finanzkontrolle

    Die am 14. Mai 1946 eingereichte Motion Tröndle verlangt, dass die arithmetische Richtigkeit der Rechnungen durch eine Finanzkontrolle zu überprüfen sei. Der Regierungsrat unterbreitet am 16. Januar 1947 dem Hohen Grossen Rat einen Dekretsentwurf zur Einführung einer selbständigen Finanzkontrolle per 1. Januar 1947.

    Die Aufgaben sind wie folgt umschrieben: «Die Finanzkontrolle hat zu Handen der Staatsrechnungs-, Irrenhausrechnungs- und Kantonsspitalrechnungskommission die Prüfung der Rechnungen auf ihre arithmetische Richtigkeit und ihre Übereinstimmung mit den Belegen vorzunehmen.».

    Die Finanzkontrolle untersteht administrativ dem Vorsteher des Finanzdepartements. Den Dienststellen gegenüber ist sie selbständig und unabhängig. Sie verfasst sowohl ihre Revisionsbemerkungen wie ihre Entscheide in voller Unabhängigkeit.

    Der Regierungsrat erlässt per 13. Juni 1947 ein Reglement für die Finanzkontrolle des Kantons Luzern, wonach alle ihm widersprechenden Bestimmungen aufgehoben sind. Danach bedürfen sämtliche Zahlungsanweisungen an die Staatskasse und Verrechnungsanweisungen an die Staatsbuchhaltung vor ihrer Ausführung des Visums der Finanzkontrolle. Die Dienststellen sind gehalten, ein Gutachten der Finanzkontrolle einzuholen, bevor sie Büromaschinen, Registrierkassen und Buchhaltungseinrich­tungen bestellen oder das Buchhaltungs- und Rechnungswesen ändern.

    1948 erhält die Finanzkontrolle zum Beispiel den Auftrag, abzuklären, ob es sich für den Staat lohnen würde, einen leistungsfähigen Photokopier-Apparat anzuschaffen.

    Die Berichte der Finanzkontrolle gehen ins Detail. Als Beispiel sei der REVISIONSBERICHT zur Salzfaktorei Wolhusen vom 25. April 1947 erwähnt: Der Finanzkontrolleur Adolf Bucher berichtet nicht nur über das Manko beim Salzbestand, sondern auch über die losen Tritte der Stiegen zu den Rampen, womit für das Personal der Faktorei und die Salzbezüger eine bedeutende Unfallgefahr besteht.

  • 2004: Finanzkontrollgesetz

    Im Tätigkeitsbericht 1998 berichtet die Finanzkontrolle erstmals über die Absicht, ein Gesetz zur Finanzkontrolle auszuarbeiten. Sechs Jahre später ist es soweit: Per 1. Juni 2004 erhält die Finanz­kontrolle ein eigenes Gesetz, welches ihre Unabhängigkeit stärkt. Die Finanzkontrolle muss insbesondere keine Vollzugsaufgaben mehr wahrnehmen (mitschreitende Kontrolle). Im Rahmen der Finanzaufsicht übernimmt sie nicht nur die Aufgaben der internen, sondern auch der externen Revision (monistisches Finanzaufsichtssystem).

    Die fachlich selbständige und unabhängige Finanzkontrolle wird administrativ der Staatskanzlei zugeordnet (vorher Finanzdepartement). Der Regierungsrat wählt die Leiterin oder den Leiter der Finanzkontrolle auf eine Amtsdauer von vier Jahren. Die Wahl wird durch den Grossen Rat genehmigt. Der Regierungsrat nimmt das durch die Finanzkontrolle erstellte Budget unverändert in den Entwurf zum Voranschlag auf.

  • Fünf Männer und eine Frau

    Die Finanzkontrolle wird in den ersten 75 Jahren von fünf Männern und einer Frau geleitet:

    Adolf Bucher 01.01.1947 - 31.01.1971 24 Jahre

    Walter Burri 01.02.1971 - 31.03.1985 14 Jahre

    Beat Haefliger 01.04.1985 - 31.08.2009 24 Jahre

    Marcel Hug 01.09.2009 - 12.01.2012 3 Jahre

    Daniel Steffen 13.01.2012 - 31.03.2019 7 Jahre

    Karin Fein seit 01.04.2019

    Der Personalbestand der Finanzkontrolle ist im Laufe der 75 Jahre von ursprünglich drei auf maximal zwölf Mitarbeitende angestiegen. Die Finanzkontrolle ist lange Zeit ausschliesslich männlich: Die erste Frau wird nach 25 Jahren angestellt. Sie bleibt nur kurze Zeit. Bis zur zweiten Anstellung einer Mitarbeiterin vergehen weitere 25 Jahre. 2015 sind fünf von zwölf Mitarbeitenden der Finanzkontrolle weiblich. Dann geht der weibliche Anteil mangels Bewerbungen auf heute drei von zehn Mitarbeitenden zurück.

  • Ausblick

    Der Blick in die Vergangenheit zeigt, wie sehr sich die Arbeit und die Umgebung der Finanzkontrolle im Laufe der Zeit verändert haben. Das wird auch in Zukunft so sein. Die Finanzkontrolle stellt sich diesen Anforderungen.

    Aktuell ist die Finanzkontrolle dabei, eine Audit Software einzuführen. Mit der Einstellung einer Projektmitarbeiterin hat die Finanzkontrolle den Startschuss zur Entwicklung und Durchführung von Wirkungsprüfungen gegeben. Im Sommer 2022 finden die ersten Prüfungen statt.

    Mittelfristig wird auch das Finanzkontrollgesetz von 2004 der aktuellen Situation angepasst werden müssen. Nebst einer Schärfung des Aufgabenbereiches im Bereich der Finanzaufsicht stellt sich die Frage nach Veröffentlichung des Tätigkeitsberichtes. 

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